HAIKU
​haiku. eine kurze und jahrhundertalte lyrische form. eine traditionsreiche. einerseits. andererseits: eine sich immer weiter entwickelnde und immer wieder überraschende lyrikform.
haiku. ein weg, sich in der welt zu bewegen. die welt zu erfahren. in den kleinen und doch so großen momenten. den haikumomenten!
die sekunden, in denen die morgensonne die dunkle landschaftsgrafik an der wand zärtlich streift und zum leben erweckt.
der moment, in dem die wolken zur seite treten und den blick frei geben. auf den mächtigen wintermond. der gang durch den schlaftrunkenen berliner kiez. wo sich ein junges Paar vor dem kebap-stand küsst. die stille im kreuzgang des klosters. und das gefühl, für einen moment außerirdisch zu sein.
was zählt im leben? mit sicherheit diese momente. ich halte sie in haiku fest. wohlwissend, dass man nichts wirklich festhalten kann.
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Auszug aus dem Vorwort von:
Peter Wißmann (2015): mit den wolken gehn - haiku & verwandtes & 16 wolkenbilder. Verlag Tredition
friedhofseingang
das mädchen mit dem handy
schlägt die zeit tot
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kahler wald
nach der stille der schuss
und die stille
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es regnet
und regnet
in mein lauschen hinein
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familienfeier
vom partyzelt tropft regen
in alte wunden
jauchzet, frohlocket...!
in der schale des bettlers
am ausgang spielt wind
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Alle Haiku (c) Peter Wißmann. Alle Haiga (c) Peter Wißmann & Christina Pletzer